Eric Fischl

"Woman"

from 04.05.2023 to 22.09.2023

Eric Fischl gilt seit den späten 1970er Jahren als einer der profiliertesten figurativen Maler der USA. Seine Bildthemen kreisen von Beginn an um die zwischenmenschlichen Beziehungen. Frauen spielen in seinem Œuvre eine wichtige Rolle. Dabei stellt Fischl Frauen als starke Persönlichkeiten dar, die sich in einer existenziellen Situation befinden. Die fünf Gemälde und eine Skulptur aus den Jahren 1987 bis 2020 stellen die Frau in den Mittelpunkt.

Im unbetitelten Hochzeitsbild von 1987 stehen sich zwei Frauen gegenüber. Die Braut ist nicht vollständig bekleidet und präsentiert ihre Rückseite. Das nur mit einem weißen Slip bekleidete Hinterteil sendet ein unmissverständliches erotisches Signal aus und ist zugleich ein Tabubruch, der den Betrachter zwangsläufig zum Voyeur macht. Darüber hinaus weckt die Szene Assoziationen zu einer religiösen Verkündigungsszene. Als Malerei zelebriert dieses Bild Fischls Verehrung einer großen Tradition der Malerei, die von Fra Angelico und Giotto über Michelangelo, Velázquez, Goya und Manet bis zu Matisse reicht.

Das 1997 in Rom entstandene Bild Communion hat naturgemäß religiösen Bezug. Die Kommunion wird hier über eine sehr irdische Dimension erweitert. Die schattenhafte Präsenz eines Mannes zeigt die verführerische, junge Frau „in einer engen Beziehung mit jemandem, in der Gefühle und Gedanken ausgetauscht werden“ (Eric Fischl) – die Kommunion ist nicht mehr nur heilig.

Aus der Werkgruppe The Bed, the Chair stammt das Bild The Bed, the Chair: Touched. Eine unbekleidete Frau liegt rücklings auf einem Bett – die Bildserie zeigt die Etappen einer leidenschaftlichen Beziehung, die in einem anonymen Hotelzimmer stattzufinden scheint. Dessen Anonymität erweckt einen Eindruck von der Desillusionierung. Während die Frau noch die Ekstase ihrer Begegnung nachzuerleben scheint, ist der Mann, der in diesem Werk nicht zu sehen ist, der Desillusionierte.

The Krefeld Project: Bathroom Scene #4 aus dem Jahr 2005 ist Teil einer Inszenierung, die Eric Fischl im Krefelder Haus Esters organisiert hatte. Eine Schauspielerin und ein Schauspiel mittleren Alters stellen Szenen einer offenbar langjährigen Beziehung nach, in der sich große Vertrautheit mit Gleichgültigkeit zu mischen scheint. Präsentiert wird eine intime und alltägliche Szene, in die Frau unbekümmert und selbstbewusst wirkt.

In der Skulptur Untitled (Arching Woman) ergab sich die Komplexität dieser starken Figur aus einer technischen Notwendigkeit. Um die Haltung der Hände für den Guß fixieren zu können, band der Künstler sie mit einem Draht zusammen. In der Bronze blieb das sichtbar und erschien zunächst wie eine Fessel. Die athletische Körperhaltung zeigt an, dass die Frau stark genug ist, um ihre Fesselung zu überwinden.

Das jüngste Werk trägt den paradoxen Titel Cleansed by the Flames of Water. Die unbekleidete Frau steht unter einem Wasserfall – das Motiv kennen wir unter anderem aus Sehnsuchtsbildern von Paul Gauguin. Eric Fischl zeigt jedoch eine Frau, die ganz auf sich selbst konzentriert ist und den Moment genießt. Auch hier vereint Fischl wieder spirituelle und körperliche Erfahrungen: Reinigung und Katharsis gleichermaßen.

Fischls Gemälde sind von einer außerordentlichen Verführungskraft, die nie ungebrochen und vordergründig ist. Dabei kann der Austausch zwischen sinnlicher und spiritueller Empfindung als Kommunion oder als Konflikt erlebt werden.

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